Die Überwachung von Insektenpopulationen ist entscheidend für den Obst- und Gemüseanbau im Freiland und im Gewächshaus. Bisher mussten Landwirte und Biologen Gelbtafeln, die zum Fangen fliegender Insekten verwendet werden, mühsam per Hand auswerten, um Schädlingsbefall zu erkennen. Eine neue, KI-gestützte Lösung macht diesen Prozess nun schneller und präziser. Entwickelt wurde sie im Rahmen des von Interreg Deutschland-Nederland geförderten Projekts SPoHF – Sustainable Production of Healthy Food. Abbildung 1 veranschaulicht den Einsatz der KI-Anwendung zur Insektenüberwachung im Freilandanbau von Blaubeeren. Erste Feldversuche wurden bei CompasAgro BV in den Niederlanden durchgeführt.

Abbildung 1: Einsatz der AI-Applikation in situ – Biologe: Pim Vrehen
Ein Forschungsteam der Fontys Venlo University of Applied Sciences – Informatics hat ein KI-Modell entwickelt, das Insekten auf Gelbtafeln automatisch erkennt und zählt. Es basiert auf dem YOLOv8m-Algorithmus und wurde mit 227 Bildern trainiert. Erste Tests zeigen vielversprechende Ergebnisse: Die KI erreicht eine Box-Genauigkeit von bis zu 79,8 % (vgl. Abb.2).

Abbildung 2: Visualisierung AI-Auswertung
Ein Feldversuch mit 19 Teilnehmern verglich die KI-Zählung mit der manuellen Methode. Während Menschen im Schnitt 1 Minute und 46 Sekunden pro Bild benötigten, erledigte die KI die gleiche Aufgabe in nur 196,5 Millisekunden (~ 0,2 Sekunden) – eine Zeitersparnis von über 99 %. Zudem bevorzugten 11 von 19 Teilnehmern die KI-Ergebnisse gegenüber ihrer eigenen Zählung. Alle Befragten gaben an, dass sie für eine ganztägige Zählung ein KI-gestütztes System bevorzugen würden (vgl. Abb.3).

Abbildung 3: Feldstudie
Das System kann in bestehende landwirtschaftliche Prozesse integriert werden und ist einfach zu bedienen: Landwirte oder Biologen laden ein Bild einer Gelbtafel hoch und erhalten innerhalb von Sekunden ein präzises Zählergebnis. Eine erste Version der Webanwendung wird derzeit von der ProcEvolution U.G in Krefeld gehostet und befindet sich in einer Beta-Phase (vgl. Abb. 4). Die Kosten für eine KI-Auswertung werden auf etwa 0,01 € pro Bild geschätzt.

Abbildung 4: Webapplikation gehostet von ProcEvolution U.G
Diese innovative Lösung stellt einen wichtigen Fortschritt für die Landwirtschaft dar. Sie spart Zeit, liefert konsistente Ergebnisse und ermöglicht eine effizientere Schädlingsbekämpfung. In Zukunft könnte die Technologie weiter verbessert werden, um noch präzisere Ergebnisse zu liefern und den nachhaltigen Anbau von Nutzpflanzen zu unterstützen.
Das Projekt SPoHF wird im Rahmen des Interreg VI A-Programms Deutschland-Nederland durchgeführt und mit 2,36 Mio. Euro durch die Europäische Union, das niederländische Wirtschaftsministerium (EZ), das MWIKE NRW und die Provinz Limburg mitfinanziert.