Drohnen als Lebensretter im Katastrophenfall

14.10.2024

Deutsch-niederländisches Team entwickelt Technologien für Feuerwehren und DLRG

Im Katastrophenfall können Drohnen viel mehr, als nur bewegte Bilder liefern! Das beweisen Ingenieure und Einsatzkräfte aus den Niederlanden und Deutschland, die im Interreg VI A-Projekt „Emergency Drone“ zusammenarbeiten. Gemeinsam entwickeln sie mehrere Drohnentechnologien zur Errichtung eines Ad-Hoc-Kommunikationsnetzwerks zur Früherkennung von Waldbränden und zum Aufspüren ertrunkener Personen. Da dieses Projekt besonders in der Grenzregion von großer Bedeutung ist und zudem die grenzübergreifende Zusammenarbeit fördert, wurde es als Projekt von strategischer Bedeutung definiert und spielt innerhalb des Interreg-Programms Deutschland-Nederland eine wichtige Rolle. Gemeinsam werden bestehende Herausforderungen angegangen, um im Katastrophenfall vorbereitet zu sein.

Funkdrohnen

Im Fall von Überschwemmungen oder anderen Katastrophen werden häufig Funkmasten zerstört. Folglich brechen die Kommunikationsnetzwerke zusammen: Bürgerinnen und Bürger können keinen Notruf absetzen und die Koordinierung der Einsatzkräfte ist erheblich erschwert. Um die Möglichkeit, sich zu verständigen, wiederherzustellen, werden deshalb bislang Notfall-Funktürme errichtet. Im Zuge des Projekts „Emergency Drone“ wird nun eine alternative Technologie zur Errichtung von Notfall-Kommunikationsnetzwerken entwickelt: Hier wird gänzlich auf Funktürme verzichtet, stattdessen lässt man eine Reihe von Funkdrohnen über dem Katastrophengebiet fliegen. Die Drohnen schweben über Tage hinweg dauerhaft an jeweils gleichbleibenden Positionen in ca. 50 bis 100 m Höhe, bilden eine Funkübertragungskette und bauen auf der Fläche unter ihnen ein Kommunikationsnetz auf. Über Kabel werden sie von auf dem Boden aufgestellten mobilen Generatoren mit Strom versorgt. Da die Drohnen kompakter sind als Funktürme und im Handumdrehen in den Himmel aufsteigen können, kann das lebensrettende Kommunikationsnetzwerk in kürzester Zeit eingerichtet werden. Die Schnelligkeit ist der größte Vorteil der Drohnentechnologie. Bei der Hochwasserkatastrophe im Aartal 2021, aber auch beim Weihnachts-/Neujahrshochwasser 2023/24 stellte die zusammengebrochene Kommunikationsinfrastruktur wieder einmal eine große Herausforderung dar. Das Ad-Hoc-Kommunikationsnetzwerk der Funkdrohnen kann die Arbeit der Einsatzkräfte in Zukunft vereinfachen.

Bei der Entwicklung der Funkdrohnentechnologie wird Wert auf eine sichere und datenschutzgerechte Kommunikation gelegt. Über das von den Drohnen aufgespannte lokale Multi-Hop-Funknetzwerk lassen sich mehrere Video-Streams gleichzeitig über viele Kilometer Distanz robust übertragen. Diese Daten werden an die mobile Einsatzleitzentrale vor Ort übermittelt, welche mit dem fliegenden Netzwerk verbunden ist und dieses kontrolliert. Darüber hinaus soll sich die Funkstrecke an ihren Endknoten über eine Richtfunkstrecke mit weiter entfernten intakten Mobilfunk-Basisstationen (4G/ 5G) oder freien WLAN-Accesspoints verbinden können, um sich an das Internet anzuschließen. Die Verwendung einer zentralen Starlink-Bodenstation zur Anbindung der lokalen Funkstrecke an das Satelliten-Internet soll ebenfalls getestet werden.

Aufspüren von Körpern im Wasser

Auch für die DLRG bieten Drohnen viel Potenzial: Bei der Suche nach Ertrinkenden und toten Körpern in einem Gewässer sollen Drohnen und ferngesteuerte Boote die Einsatzkräfte unterstützen. Kleine Bötchen sollen selbstständig die Wasseroberflache absuchen und mit ihren Sensoren unter der Wasseroberfläche nach Auffälligkeiten suchen. Bei Verdacht auf eine Person oder einen Körper wird automatisch eine Drohne zum besagten GPS-Punkt beordert. Diese lässt an der Stelle über ein Seil eine 360°-Kamera ins Wasser hinab und die Einsatzkräfte können anhand des Bildmaterials kontrollieren, ob es sich tatsächlich um einen Körper handelt. Erst dann sollen menschliche Taucher zum Einsatz kommen. Da die Taucher durch die Vorarbeit der Drohnen nicht das gesamte Gewässer absuchen müssen, sondern lediglich selektiv an bestimmten Stellen ins Wasser gehen müssen, spart die Drohnentechnologie sehr viel Zeit und personelle Ressourcen. Auch unter emotionalen Gesichtspunkten ist die Drohnentechnologie von Vorteil: Durch die Kamerabilder weiß der Taucher, was ihn unter Wasser erwarten wird und kann sich darauf einstellen.

Waldbranderkennung mit KI

Drohnen zur Prävention von Waldbränden werden ebenfalls im Rahmen von „Emergency Drone“ entwickelt: Die Aufklärungsdrohnen steigen in regelmäßigen Abständen automatisch aus ihren Ladeboxen in den Himmel, um die gefährdeten Waldgebiete selbstständig abzuscannen. Die von den Drohnen generierten Daten werden in Echtzeit von einer künstlichen Intelligenz analysiert, sodass die anstrengende und personalintensive Überwachung der Kamerabilder den Feuerwehren erspart bleibt. Auch die Künstliche Intelligenz wird im Rahmen von „Emergency Drone“ weiterentwickelt, sodass sie z.B. Grillplätze und Rauchschwaden durch landwirtschaftliche Arbeit von echten Waldbränden unterscheiden kann. Um ein großflächiges Terrain in kurzer Zeit scannen zu können, soll das Zusammenspiel mehrerer Drohnen in einem Drohnenschwarm perfektioniert werden.

Grenzübergreifende Kooperation von Entwicklern und Feuerwehren

„Emergency Drone“ wird im Rahmen von Interreg VI A von der Europäischen Union und den Interreg-Partnern finanziell gefördert. Dies ermöglicht den beteiligten Firmen und Institutionen, innovative Technologien zur Bewältigung des Klimawandels zu entwickeln und langfristige Kontakte mit den niederländischen Projektpartnern zu knüpfen. Der Leadpartner DNL-contact GmbH & Co KG ist für das Projektmanagement des mit 5,2 Millionen Euro budgetierten Projekts verantwortlich. Die Hochschule Rhein-Waal, RF-Frontend GmbH und GeSa mbH aus Deutschland arbeiten bei der Entwicklung der Drohnentechnologien eng zusammen mit den niederländischen Partnern Robor Electronics BV und Spectro-AG BV. Auch die Feuerwehr- und Rettungsakademie Bocholt, die DLRG-Ortsgruppe Köln-Dünnwald und die Veiligheidsregio Twente, zu der die Feuerwehr Twente gehört, sind ein fester Teil des Projektkonsortiums: Ausgehend von ihren Erfahrungen in der Praxis beraten sie die Entwickler und testen die Prototypen in regelmäßigen Abständen. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Anwendungen auf die Bedürfnisse der Einsatzkräfte abgestimmt sind und Behörden und Organisationen auf beiden Seiten der Grenze in Zukunft von den Projektergebnissen profitieren können.

Besonderen Wert legt das Projekt auf die Anwenderfreundlichkeit der Drohnentechnologien: So wird eine spezielle Flugbetriebssoftware entwickelt, die im Gegensatz zur Standardsoftware auf die vielfältigen Einsätze der Behörden und Organisationen abgestimmt werden kann. Der Nutzer wählt z.B. das Szenario des Hochwassers aus, wobei alle Optionen und Einstellungen, die für den Hochwassereinsatz nicht erforderlich sind, im Hintergrund verschwinden. Das macht die Bedienung benutzerfreundlich und übersichtlich und wird auch ehrenamtlichen Kräften den Einsatz von Drohnen erleichtern. Durch die Nutzung von Standard-Endgeräten wie Smartphones und Tablets werden die Einsatzkräfte keine spezielle Hardware benötigen.

Der Startschuss des „Emergency Drone“-Projekts fiel im Oktober 2023, die Projektlaufzeit dauert noch bis Herbst 2027 an. Ziel ist, die genannten Drohnentechnologien auf ein deutlich höheres Entwicklungslevel zu bringen. Die Drohnenfunkstrecke wollen die Projektpartner nach Ablauf der Projektlaufzeit weiterentwickeln, um sie ca. 2029 als fertiges Produkt auf den Markt bringen zu können. Auch die anderen Anwendungen sollen im Anschluss an das Projekt zeitnah in den Handel gebracht werden, sodass möglichst viele Einsatzkräfte von ihnen profitieren können.

Emergency Drone wurde im Rahmen des Interreg-Programms Deutschland-Nederland als strategisches Projekt definiert. Sie möchten mehr darüber erfahren? Dann werfen Sie einen Blick auf diese Seite.

Partner

Socials

Wir in den sozialen Medien